Zurück ins Mittelalter

„Hinfort, Finsterling!“ Asathor schwenkt den Hammer und trickst den als Werwolf gewandeten Fremden geschickt aus. Dieser versucht sich noch mit seinem Schild zu wehren, hat aber gegen den kräftigen Verteidiger wenig Chancen. Betrübt zieht der Besucher sich zurück. Ja, Fremde sind in diesem Dorf nicht willkommen!

Seit einigen Jahren finden in Deutschland in zunehmendem Maße sog „Mittelaltermärkte“ oder „Ritterspiele“ statt. Wen das Fieber gepackt hat, der spaziert des öfteren über die Wiese bei Burgen oder Schlössern, wo sich Gewandete einen Schaukampf liefern, die Feldbaeckerey leckere Köstlichkeiten serviert oder man einfach nur mittelalterlich Shoppen geht. Natürlich werden keine neuzeitlichen Sachen angeboten, sondern Kleidung und Schmuck im alten Stil. So kann man sich quasi nebenher auch gleich mit der richtigen Kostümierung eindecken. Da kommt es dann schon mal vor, dass das Handy im Lederbeutel klingelt.

Man lernt Leute kennen und hat eine Menge Spaß. Denn weder der im Bild (aus persönlichen Gründen leider gelöscht) gezeigte Schaukampf noch die kleine Geschichte oben sind ernst gemeint. Im Gegenteil: Die Stimmung ist freundschaftlich, besonders wenn man – je öfter man solche Veranstaltungen besucht – immer mehr „alte“ Bekannte trifft. Da wird man am Falafel-Stand schonmal mit lautem Hallo begrüßt und bekommt als Quasi-Insider auch gleich einen kleinen Rabatt. So vergeht die Zeit mit lockeren Gesprächen bei Met oder Honigbier aus dem eigenen Trinkhorn, das – wenn es wieder leer ist – in einer Schlaufe am Ledergürtel getragen wird. Denn das finstere Mittelalter war schon eine aufregende Zeit, da musste man jederzeit beide Hände frei haben, um zu Schwert oder Axt zu greifen, wenn mal wieder so ein komischer Fremder des Weges kommt.

Fotografieren ist dabei natürlich nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Viele Teilnehmer sind stolz darauf, wenn ihre Kostüme bei den Besuchern ankommen. Da werden dann auch mal heimlich die Adressen ausgetauscht, auf dass der himmlische Bote Emailius postwendend die magischen Pixel aus dem kleinen silbernen Lichtzeichner an den Portraitierten verschicke.

Ganz hartgesottene haben natürlich ein eigenes Zelt und campen auf der Veranstaltung. Dann kann man das Trinkhorn öfter mal nachfüllen und braucht nicht mit der pferdelosen Kutsche zurück ins 21. Jahrhundert zu fahren. Und ein kleines Nickerchen macht einen schnell wieder fit für die abendlichen Feste, die auch nicht zu verachten sind.

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