Gegensätze

IMG_20130805_133535_1~01455979385Der Wind streicht sanft durch die Baumwipfel, in der Ferne rauscht der Straßenverkehr. Die E4 ist nicht weit entfernt, und vielleicht ist es die Ruhe der Natur, die den Verkehrslärm, der kein echter Lärm ist, bis zu uns herüber trägt. Es klingt irgendwie wie das Rauschen des Windes, mal stärker, mal schwächer, dann fast bis zur Unhörbarkeit verschwindend.

Meine Familie rückt mit ihren Sitzgelegenheiten den wenigen Sonnenflecken hinterher, ich suche den Schatten. Gegen die Wärme habe ich nichts, aber der Bildschirm ist dann nicht mehr so gut lesbar. Bei aller Flexibilität dieses elektronischen Buches, so ein gebundenes Exemplar hat auch seine nicht zu verleugnenden Stärken.

Der Garten mit dem gepflegten Rasen, welcher sich auf den zweiten Blick doch als stark vermoost entpuppt. Direkt daneben, nur durch einen Zaun begrenzt, ein fast undurchdringlicher Wald. Dessen abendliche Geräusche, die aus dem stockdunklen Wald zu uns dringen, verursachen Unbehagen. Bei Tageslicht wirkt er anziehend, fast gemütlich.

Und inmitten der Natur das Internet. Schneller und stabiler als manchernorts daheim. Die Bäume als Mobilfunkmasten?

Schweden ist anders   Gegensätze nicht nur im Kleinen, auch im Großen. Warum nur fasziniert mich dieses Land, seit ich das erste mal hier war? Es fasziniert mich so sehr, dass ich (und nicht nur ich) mir immer wieder ausmale, wie es wäre, für immer hier zu leben. Sogar die Sprache begannen wir zu erlernen. Wer drückt als Mittfünfziger freiwillig nochmal die Schulbank? Es hat sicherlich mit der Freundlichkeit der Bewohner zu tun. Vielleicht wirkt diese Freundlichkeit auch gegenseitig. Wer freundlich empfangen wird, verhält sich ebenso. Aber warum ist das in Deutschland anders? Oder empfinde ich es nur anders? Ist es am Ende doch nur die nachsichtige Freundlichkeit dem devisenbringenden Touristen gegenüber, dessen Geld man mehr liebt als ihn selbst? Oder ist es die Lockerheit, der hierzulande durch die geringe Bevölkerungsdichte bedingt fehlende Stress?

Liegt es an mir? Daran, dass ich binnen Tagen „raus aus dem Trott“ zu innerer Ruhe finde, weil mich keiner mehr antreibt? Das sollte doch auch im Alltag möglich sein. Warum kann ich dieses Bild, diese Geräuschkulisse, diese Ruhe um mich herum nicht einfach mitnehmen, und sei es gedanklich? Um sie immer wieder hervorzuholen, wenn ich den Eindruck habe, eine Auszeit zu brauchen?

Ich lese „Fearless Change“ von Linda Rising. Es geht um „Patterns“, um Verhaltensmuster, die mir helfen können, Veränderungen in der Firma einzuführen. Immer wieder treffe ich dort auf Widerstände verschiedenster Art. Jemand will etwas nicht, nur weil ich es will. „Gegenteil-Prinzip“ habe ich das genannt. Das geht sogar so weit, dass sogar dann das Gegenteil passiert, wenn ich etwas einfordere, das ich in Wahrheit gar nicht will. Menschen sind schon seltsam.

Hier scheinen diese Widerstände auf magische Art verschwunden zu sein. Geschäfte haben Sonntags geöffnet, das Internet funktionert störungsfrei und schnell (H+) mitten in der Pampa, kein lärmender Mensch in der Nähe, der seinen Willen durchsetzen will.

Hier bleibe ich.

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