Ja, das hier ist eigentlich ein Fotoblog, aber aktuelle Ereignisse lassen mich einfach nicht kalt. Immerhin hat dieser Beitrag auch im weitesten Sinne mit Fotografie zu tun, denn es geht um Visualisierung.
Seit Edward Snowden in den Medien aufgetaucht ist, vergeht fast kein Tag, an dem nicht irgendeine weitere Enthüllung ans Tageslicht gezerrt wird. Seine Odyssee durch verschiedene Staaten, die Mutmaßungen, wo er sich gerade aufhält, die Spekulationen, wer ihm Asyl gewähren soll oder wird, das alles ist bestens geeignet, das mediale Sommerloch zu füllen. Dieser Mensch ist schon faszinierend. Der Mensch, der zunächst anscheinend (!) spontan sein Gewissen entdeckt hatte und dann später behauptete, er habe das alles von vornherein geplant.
Aber auch das Szenario erinnert eher an einen Agentenfilm als an Reality-TV. Da geht es um Schachzüge, geheime Informationen, Spionage, und natürlich vor allem um Desinformation. Denn wer kann schon behaupten, den genauen Aufenthaltsort des „Whistleblowers“ (dt. Flötenspieler) zu kennen? Nicht mal die in diesen Dingen sehr erfahrenen Paparazzi haben seiner habhaft werden können, und das will schon etwas heißen.
Was bei all dem Hype um Edward Snowden ein wenig auf der Strecke blieb, ist die Betrachtung der Dimension dieses Skandals. Und was wäre besser geeignet als der Vergleich mit einem Beispiel aus dem eigenen Staat, das noch nicht lange genug vorbei ist, um in Vergessenheit zu geraten. Der Staatssicherheitsdienst der DDR, fast liebevoll „Stasi“ genannt, stand nicht nur in dem Ruf, die Bürger seines eigenen Staates ausspioniert zu haben. Nein, er tat es auch wirklich, wie die unzähligen Akten der seinerzeit „Gauck-Behörde“ genannten „Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen“ belegen. Interessanterweise hat das, was für DDR-Bürger lange Zeit ein offenes Geheimnis war, nunmehr gewisse Volksvertreter völlig überrascht! Nicht dass die Stasi das gemacht hat, sondern dass das heute auch noch geschieht. Also damit konnte ja niemand rechnen! Das ist gewissermaßen informelles #Neuland für uns alle.
Doch was passiert da eigentlich wirklich im Hintergrund? Bleiben wir doch mal auf dem Teppich des tatsächlich vorhandenen Wissens und denken einfach mal darüber nach, was machbar wäre. Da ist zunächst das Internet. Ein weltweites Computernetzwerk, das inzwischen wohl für jeden Bürger dieses Staates kein Neuland mehr sein sollte. Auch wenn nicht jeder im Detail versteht, wie das alles zusammenspielt, kann man doch einige Basisdaten allgemein voraussetzen. Will ich beispielsweise von meinem Computer eine Verbindung zu einem Freund in den USA aufbauen, um mit ihm per Skype zu telefonieren, dann geht das nicht direkt, sondern über einige Umwege:
- ein Computer zuhause ist mit der Telefondose (z.B. DSL) verbunden
- dahinter steckt eine Leitung zum Internetprovider (z.B. Telekom, Vodafone, …)
- der Internetprovider ist an einen zentralen Austauschknoten angeschlossen (z.B. DECIX in Frankfurt)
- der Austauschknoten ist an mehrere andere Knoten angeschlossen
- die Verbindung in die USA läuft über ein Transatlantikkabel
Und da drüben geht es wieder runter in die kleineren Strukturen:
- Austauschknoten
- Provider
- der Computer des Freundes
Wir sehen hier sehr klar, dass es mehrere zentrale Punkte gibt, über die alle Daten drüber müssen. Es ist also durchaus verständlich, dass hier gewisse Begehrlichkeiten vorhanden sind. Und wenn man dann noch annimmt, dass die Organisationen, über die wir hier reden, mit Geld nicht unbedingt sparsam umgehen müssen, dann kann man sich leicht vorstellen, dass die Begehrlichkeiten auch befriedigt werden.
Siehe dazu auch die folgende Animation (Quelle). Klicke dort einfach mal auf BILD, und das ein paar mal hintereinander. Mir wurde dort gezeigt, dass die Datenpakete mal über die USA und mal über Großbritannien laufen, und das obwohl ich eigentlich nur einen Server in Frankfurt ansprechen will! Was mag das wohl für Gründe haben? Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Link auf Youporn. Der geht einfach nur direkt in die Schweiz, ohne Umweg. Offenbar interessieren sich die Geheimdienste nicht für Pornos :-)
Damit ist noch lange nicht gesagt, dass wir alle abgehört werden. Das meiste unserer Kommunikation ist hoffentlich uninteressant genug. Aber möglich wäre es, daran besteht wohl kaum ein Zweifel.
Ach so, fast hätte ich es vergessen, die Visualisierung! Nehmen wir mal an, alle Daten, die die NSA vermutlich speichert, würden ebenso auf Papier ausgedruckt und in Aktenschränken aufbewahrt, wie das die Stasi seinerzeit getan hat. Wie groß wäre dann dieser Aktenschrank?
Die Lösung findest du in der folgenden Animation (Quelle). Der dortige Link „rauszoomen starten“ in dem NSA-Kasten hat übrigens durchaus seine Berechtigung …
Gehe zu Stasi versus NSA. Realisiert von OpenDataCity (CC-BY 3.0)
Ja, früher war alles besser. Da wussten die noch nicht alles über uns.