Schon unter „normalen“ Umständen umweht den Ort ein Hauch von Mittelalter, wenn man durch seine Straßen geht. Oft stelle ich mir vor, wie es hier wohl vor einigen hundert Jahren ausgesehen, wie es sich angefühlt hat. Wie Herren, Kaufleute, Handwerker und Gesinde teils herumstolzierten, teils durch die Gassen strichen. Das pulsierende Marktgeschehen rund um das Rathaus im Zentrum und vielleicht auch auf der Bartenwetzerbrücke (breit genug wäre sie ja), es muss eine faszinierende Erfahrung gewesen sein.
Kommt dann der morgendliche Nebel noch dazu, so versinkt der Ort wahrhaft in der Vergangenheit. Er entwickelt seine eigene Mystik, in der Phantasie und Wirklichkeit miteinander verschmelzen. Als wäre es nicht 2012, sondern vielleicht über tausend Jahre früher, nur wenige Jahrhunderte nach der Gründung.
Was Mittelalterbegeisterte auf ihren Veranstaltungen nachzustellen versuchen, das würde in diesem Nebel tatsächlich noch wirklicher wirken. Stelle ich mir gerade jetzt im Ortskern von Melsungen ein solches Mittelalterfest vor, ich glaube, man könnte komplett in die Geschichte eintauchen. Hörst du das beständige Rauschen des Flusses? Das „Pling – Pling“ des Schmiedes, das metallische Scharren der Bartenwetzer, die ihre Äxte an der Mauer der nach ihnen benannten Brücke schärfen, bevor sie in den Wald gehen? Das klappern der Hufe, den Lärm der Marktschreier?
Lass deiner Phantasie Flügel wachsen und tauche ein in den Nebel, werde eins mit der Geschichte und versinke in der selbstgewählten Rolle. Vergiss die Zeit, verliere dich im Nebel, als wären es die Nebel von Avalon. Wer weiß schon, was hinter dem Unsichtbaren kommt?