Sterntaler

In meiner momentanen Lieblings-Foto-Gemeinschaft (eine, jedoch nicht die Foto-Community) ging – während einer großen Pause meinerseits – die Diskussion los, wie „unschön“ es doch ist, wenn jemand jedes Foto einfach mit 5 Sternen bewertet, statt es wirklich zu bewerten, will heißen verbal.

Es gibt dort ein Bewertungssystem, mit dem jeder angemeldete Benutzer jedes andere Foto mit 0 bis 5 Sternen bewerten kann. Der Durchschnittswert aller Bewertungen wird dann bei dem Foto angezeigt, was eine Art „Ranking“ ermöglicht.

Nun sollte jedem klar sein, dass solche Bewertungen …

  1. rein subjektiv sind
  2. von der Tagesform des Betrachters abhängig sind
  3. von den Kenntnissen und Erfahrungen des Betrachters abhängig sind

Da die Bewertungen auch überwiegend von Laien (Hobby- und Amateurfotografen) abgegeben werden, weil sich vermutlich nur wenige echte Profifotografen in eine solche Community verirren, stellt sich grundsätzlich die Frage nach dem Wert solcher Bewertungen.

Und selbst wenn ein Profifotograf Bilder bewerten würde, frage ich mich, welchen Maßstab er/sie anlegen könnte. Was und wie fotografiert denn ein Amateur/Profi? Was zeichnet einen Profifotografen aus? Was kann dieser besser als ein Amateur?

Profifotografen werden üblicherweise die Leute genannt, die beruflich Geld mit der Fotografie verdienen. Hochzeits-, Portrait-, Pressefotografen (und „-innen“ natürlich) und vielleicht in gewissem Maße auch Foto-Künstler. Kann ein professioneller Sportfotograf ein Studio-Portrait bewerten? Kann ein Naturfotograf ermessen, welche Informationen ein Sportfoto für die Zeitung transportieren muss? Sind aktuelle Fotos eines Politikers zwecks Dokumentation nach den gleichen Maßstäben zu bewerten wie Fotos, die im Studio entstanden sind? Sind auf Makrofotografie von Pflanzen die gleichen Bildgestaltungsregeln anwendbar wie im Portraitbereich?

Man merke, dass „Profi“ mitnichten immer für „Professionalität“ oder für „hat das gelernt“ stehen muss. Ich habe mal eine dreieinhalbstündige Diaschau mit dem Titel „Japan“ von einem „Fotografen“ anschauen müssen, in deren Verlauf unzählige Dias im 5-Sekunden-Rhythmus durchgezogen wurden. Es bestand damals der Eindruck, der Mann müsse „gut“ sein, denn er hatte ein Fotogeschäft und machte in dem angeschlossenen Studio „professionell“ (d.h. gegen Geld) Portraitfotos. Vorher.

Dies ist das Hotel von der Südseite. Hier ist das Hotel von der Nordseite. Und hier ist nochmal das Hotel von etwas weiter weg. Ja das Licht war nicht gerade gut. Nein, da konnte ich nicht näher rangehen, das Bild ist aus dem fahrenden Bus heraus gemacht.

Seit damals habe ich die Frage der Professionalität für mich irgendwie neu bewertet :-)

Hobby- und Amateurfotografen wiederum sind wohl die, die mehr um des Spaßes Willen fotografieren. Die Erinnerung an ein (für den Fotografen) wichtiges Ereignis ist vielleicht ein Motiv für das Motiv. Die persönliche Beteiligung lässt das Foto in den Augen des Fotografen natürlich anders wirken als es auf jeden beliebigen Unbeteiligten wirkt.

Der Schreiber dieser Zeilen fotografiert gelegentlich bei Veranstaltungen. Obwohl ich mich bemühe, die Fotos interessant zu machen und die Szenen aufgelockert festzuhalten, würde eine Multimediaschau aus diesen Fotos einen Zuschauer, der nicht bei der Veranstaltung war und keinen kennt, mit ziemlicher Sicherheit langweilen. Sind diese Fotos also nun gut oder schlecht? Verdienen sie 5 Sterne oder nur einen?

Ich denke, eines ist klar geworden: Die Sterntaler selbst sind relativ unwichtig. Viel interessanter wäre zu erfahren, wie das Foto auf den Betrachter wirkt, was man besser machen kann (und warum), ob vielleicht eine Kleinigkeit das Foto verbessern könnte. Aber dazu muss man mehr tun, als einfach nur auf einen Stern zu klicken!

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