Warten …

Viel zu früh und dennoch … es geht los. Noch ist die Schlange nicht übermäßig lang, und es wird wohl eher eine Blindschleiche als eine Anakonda werden, aber wir schauen mal, was aus diesem Abenteuer so wird.

Checkin und Personenkontrolle gingen reibungslos. Das freundliche Personal, das sogar zu kleinen Witzchen aufgelegt war, erledigte seinen Job routiniert — man glaubt es kaum angesichts des geringen Flugbetriebes hier. Das Tablet und die Camera mussten zwar durch die Röntgenschleuse laufen, scheinen dies aber auch ohne Probleme überstanden zu haben. Obwohl ich noch keine Erklärung für die seltsame Verhaltensweise meiner gesammelten Apps habe. Die eine will den Artikel nicht hochladen, die andere den in die Zwischenablage (sowas hat Android angeblich) kopierten Text nicht einfügen. Das kann doch nicht Stand der Technik sein! Und da will man uns einreden, auf solchen Geräten nichts mehr zu speichern, sondern alle Daten in die Cloud zu tun? Da finde ich doch nix mehr wieder. Nun schreibe ich diesen Zusatz zum fünften Mal, und natürlich ist die erste Form, die sicher den Pulitzer-Preis erhalten hätte, inzwischen unwiderruflich verloren. Ein Verlust für die Literatur, den ich nie wieder aufholen kann!

Flughafen Kassel-Calden

Flughafen Kassel-Calden

Inzwischen sind nur noch anderthalb Stunden Langeweile zu überbrücken und ich beobachte immer noch das Flugfeld. „Hektik“ kann man das nicht nennen, was da draußen abläuft. Die 640.000 Passagiere werden wohl doch erst im Jahre 2020 hier aufschlagen. Oder dies sei, wie meine Frau vermutet, die Summe aller Passagiere, die bis 2020 den Flughafen Calden benutzen würden.

Die Zeit vergeht schnell, wenn man sich amüsiert. Nach einer kleinen Polonaise durch das Treppenhaus und zur Maschine geht es die Gangway hoch in die Boeing 737-700. Es sieht aus wie im ICE, nur etwas gedrängter als dort sogar die zweite Klasse ist. Vor allem die drei Plätze nebeneinander auf jeder Seite des Ganges sind ungewohnt für mich alten Bahnfahrer. Die Plätze finden wir schnell, und schon ertönt der feuchtfröhliche Lärm typischer Ballermann-Kandidaten. Auch die Atmosphäre duftet dementsprechend. Aber was will man erwarten, wenn man nach „Malle“ fliegt? Immerhin sind wir weitab vom Schuss im Norden der Insel, was uns im Reisebüro als kinderfreundlich beschrieben wurde. Der Flieger ist gut ausgelastet. Es sind zwar noch freie Plätze zu sehen, aber viele sind es nicht mehr. Bedenkt man, dass dieser regelmäßige Flug der Germania erst vor einer Woche überhaupt ins Programm genommen wurde, dann ist das gar nicht schlecht für den Anfang. Vielleicht sind die Panikmeldungen der letzten Wochen doch nur sinnfreier Presserummel gewesen. Ich denke, man muss einem Geschäft nach der Neueröffnung auch ein wenig Zeit lassen, sich zu „fangen“.

Boeing 737-700 der Germania

Boeing 737-700 der Germania

Nach einer kurzen Rundfahrt über den Flugplatz startet die Maschine mit fulminantem Geräusch und gewinnt nach dem Abheben mit einem Steigwinkel von gefühlten 45° schnell an Höhe. Ein kurzer Rundflug führt uns wieder über Calden hinweg, und dann geht es schnurstracks ab in den Süden. Während wir die Erläuterungen der Sicherheitsmaßnahmen in deutsch und englisch über uns ergehen lassen, überwiegt die Faszination, nach längerem mal wieder in einem Flugzeug zu sitzen. Über den Wolken (schon wieder Reinhard Mey) scheint die Sonne blendend hell. Die bunten Flecken da unten sind keine Reflexe auf der Netzhaut oder Störungen in der Matrix, sondern Anzeichen der landwirtschaftlichen Nutzung der Region. Sie verschwinden und machen einem weißen Flausch Platz. Fast könnte man meinen, über einer endlosen Eiswüste dahinzugleiten.

Über den Wolken ...

Über den Wolken …

Das Rauschen der Triebwerke und des Windes wird bald zur Gewohnheit, und wenn ich nicht unablässig weiterschreiben würde und die Ballermänner endlich mal Ruhe gäben, würde ich die restliche Flugzeit vermutlich verschlafen. Der Blick aus dem Fenster offenbart nicht den geringsten Anhaltspunkt, wo wir gerade sind, und auch mein GPS-Empfänger schweigt dazu. Die Hoffnung, die Flugroute nachträglich mit dem Finger auf der Karte nachempfinden zu können, schwindet. Doch betrachte ich selbige, dann dürfte die Route ziemlich klar nach Süden führen. Das bedeutet, dass die Sonne die ganze Zeit über an Steuerord scheint. Sonnenuntergangszeit wäre in Kassel um 21:19, in Can Picafort schon um 21:03. Das heißt, dass wir vielleicht das Glück haben, vor der Landung einen Sonnenuntergang über den Wolken zu erleben.

Die Ansagen über die Bordsprechanlage sind sehr schwer zu verstehen, was nicht nur an dem Fluggeräusch liegt. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, fliegen wir in 11.000 m Höhe und mit 850 km/h, und unsere Route führt über Stuttgart, Basel, Zürich, dem Montblanc, Genf und Marseille nach Mallorca.

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