Vom Lernen und Lehren

Von einem Freund bekam ich gerade diesen Text zugeschickt. Da hat wohl mal einer gelernt, dass man Schüler für den Lehrstoff motivieren soll. Auch wenn ich weiß, dass es nur gut gemeint war, ist dieser Text doch ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man Lernwilligkeit durch zu viel motivatorischen Eifer allzu leicht zerstören kann.

Die Mail kam mit dem Betreff „Erkennungsmerkmale eines Schlaganfalls“, was zunächst mal ja ernst klingt und sicher auch ernst genommen wird. Sie beginnt erstmal mit einer Geschichte:

Während gegrillt wurde, stolperte Ingrid und fiel hin. Man bot ihr an, einen Krankenwagen zu rufen, doch sie versicherte allen, dass sie OK sei und sie nur wegen ihrer neuen Schuhe über einen Stein gestolpert war.

Weil sie ein wenig blass und zittrig wirkte, half man ihr, sich zu säubern und brachte ihr einen neuen Teller mit Essen. Ingrid verbrachte den Rest des Abends heiter und fröhlich.

Ingrids Ehemann rief später an und ließ alle wissen, dass seine Frau ins Krankenhaus gebracht worden war.

Um 23.00 Uhr verstarb Ingrid. Sie hatte beim Grillen einen Schlaganfall erlitten.

Klar, ich war betroffen und wollte unbedingt wissen, was ich dagegen tun kann, wie ich helfen kann. Darin werde ich dann noch bestätigt:

Hätten die Anwesenden gewusst, wie man die Zeichen eines Schlaganfalls deuten kann, könnte Ingrid noch leben.

Gut, jetzt aber los, her mit den entscheidenden Tipps!

Es dauert nur eine Minute, das Folgende zu lesen…

Ja, gut, die habe ich sicher noch übrig. Also komm …

Ein Neurologe sagte, die Kunst wäre, einen Schlaganfall zu erkennen, zu diagnostizieren und den Patienten innerhalb von 3 Stunden zu behandeln, was allerdings nicht leicht sei.

Fängst du schon wieder an zu labern? Mach hin, sonst sind die 3 Stunden bald um!

Es gibt 4 Schritte, an die man sich halten sollte, um einen Schlaganfall zu erkennen. Lese und lerne!:

Aber ja doch! Los, zeigs mir, ich will es wissen!

Manchmal sind die Symptome eines Schlaganfalls sehr schwer zu erkennen. Das Schlaganfallopfer kann wirklich ernste Gehirnschäden davon tragen, wenn Leute, die in der Nähe sind, die Symptome eines Schlaganfalles nicht erkennen.

Nee, also echt, das hab ich doch nun langsam begriffen! Können wir nun endlich zur Sache kommen? Wenn der jetzt noch weiter nervt, lösche ich die Mail!

Nun sagen Ärzte, dass Umstehende einen Schlaganfall erkennen können, wenn sie vier einfache Fragen stellen:

– Bitte die Person, zu lächeln (geht das nicht = Lähmung)

Na endlich!

– Bitte die Person, einen ganz einfachen Satz zu sprechen, z.B.: „Es ist heute sehr schön.“

– Bitte die Person, beide Arme zu erheben.

– Bitte die Person, ihre Zunge heraus zu strecken. Wenn die Zunge gekrümmt ist und schief hängt, ist das ebenfalls ein Zeichen eines Schlaganfalls.

Falls die verunfallte Person Probleme mit einem dieser Schritte hat, ruf sofort den Notarzt und beschreibe die Symptome der Person am Telefon.

Na endlich! Das hat mir alles viel zu lange gedauert. Fast hätte ich das Interesse verloren!

Aber jetzt kommt der Kettenbriefteil, der mich motivieren soll, die Mail schleunigst weiterzuschicken. Ich hasse das (auch wenn das bei dem Thema einigermaßen ok ist).

Ein Kardiologe hat gesagt, dass, wenn man diese Mail an mindestens 10 Leute schickt, man sicher sein kann, dass irgend ein Leben dadurch gerettet werden kann.

Wir senden täglich so viel „Schrott“ durch die Gegend, da können wir auch die Leitungen mal mit etwas Sinnvollem verstopfen, findet Ihr nicht auch???

„Verstopfen“ und „Schrott“ sind sicherlich die richtigen Stichworte für diese Mail. Sie verstopft die Gehirnwindungen mit unnötigem Schrott, der den Empfänger von dem eigentlich wichtigen ablenkt: Den 4 kurzen und entscheidenden Tipps, mit deren Hilfe man einen Schlaganfall rechtzeitig erkennen kann. Oder wer von euch kann sich noch an die 4 entscheidenden Tipps erinnern? Oder waren es 5?

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